Uit GA 218, voordracht in Londen op 18 november 1922.
Von zwei Seiten, unter manchem anderen, erheben sich gerade in der Gegenwart Gegnerschaften gegen dasjenige, was ich anthroposophische Geisteserkenntnis nenne. Die eine Gegnerschaft habe ich gestern mit einigen Worten berührt. Es ist die naturwissenschaftliche, welche der Anschauung ist, daß übersinnliche Erkenntnisse von der Art, wie ich sie gestern dargestellt habe, überhaupt für die menschlichen Erkenntniskräfte nicht zu erringen sind. Und so wird denn Anthroposophie von dieser Seite vielfach als etwas Unmögliches dargestellt.
Eine andere Gegnerschaft soll uns heute mehr beschäftigen. Es ist die, welche von Persönlichkeiten ausgeht, welche die Empfindung haben, daß Anthroposophie ihnen und manchen ihrer Mitbekenner das Verhältnis zu dem Christus nirnmt. Solche Persönlichkeiten sind zum großen Teil in ihrer Art außerordentlich fromme Christen, und gerade aus der Frömmigkeit ihrer Seele heraus kommen sie zu dieser Gegnerschaft. Sie finden vor allen Dingen, daß das Verhältnis des Menschen zum Christus gewonnen werden soll durch die einfache, naive Frömmigkeit des Herzens und der Seele. Sie finden, daß alles das, was in erkenntnismäßiger Weise von dem Christus sprechen will, nur verwirrend wirkt für die einfache, naive Herzensfrömmigkeit, und sie möchten am liebsten, daß das Streben nach dem Christus, aus ihrem einfachen menschlichen Herzen heraus, nicht gestört werde bei niemandem dadurch daß auch über den Christus in erkenntnismäßiger Weise irgend etwas erstrebt wird.
Was sich an Empfindungen bei diesen Menschen ergibt, das ist gewiß wohl zu beachten. Aber dennoch sind solche Menschen gerade der Anthroposophie gegenüber in einem starken Irrtum befangen. Und wenn sie das Richtige erkennen würden, so würden sie finden, daß gerade der sichere Weg, den sie zu dem Christus suchen, ihnen durch die Anthroposophie geebnet wird. Sie würden finden, daß alles, was sie in der einfachen Frömmigkeit ihres Herzens an Sehnsuchten zu dem Christus hinzieht, im wesentlichen verstärkt wird durch all dasjenige, was die Anthroposophie über den Christus zu sagen hat.
Ich möchte Ihnen von verschiedenen Seiten aus das, was ich eben behauptet habe, klarlegen. Und die erste dieser Seiten soll eine Betrachtung dessen sein, was die Menschen zu den verschiedenen Zeiten der Menschheitsentwickelung auf Erden als ihr religiöses Leben, als ihr religiöses Bewußtsein empfunden haben.
Gehen wir in dieser Beziehung ein wenig in alte Zeiten der Menschheitsentwickelung zurück. Sie werden aus dem weiteren Fortgang meiner heutigen Darstellungen sehen, daß dieser historische Ausblick nicht überflüssig ist, sondern gerade manches, was von Mißverständnissen in der Gegenwart vorhanden ist, aufklären kann. Diese sehr alten Zeiten der Menschheitsentwickelung kann man allerdings nicht durch äußerliche historische Dokumente erreichen, sondern nur mit den Mitteln derjenigen Geisteswissenschaft, von der ich Ihnen gestern gesprochen habe; nur innerlich kann man sie erkennen durch ein solches Anschauen, wie ich es gestern als das Mittel dargelegt habe, um die über sinnliche Natur des Menschen und die übersinnlichen Schicksalserlebnisse des Menschen zu erschauen. Wenn wir in solche alte Zeiten zurückgehen, ‘so finden wir, daß dazumal die Menschen auf diejenigen gehört haben, die Schüler der sogenannten Mysterien waren. Die alten Mysterien, von denen kaum irgendwelche äußerliche historische Dokumente vorhanden sind denn was vorhanden ist, liegt so spät, daß es keine eigentlichen Einblicke in die Mysterien gibt , diese alten Mysterien waren Geistesstätten der Menschheit, in denen Kunst, Religion und Wissenschaft eines waren. Und die großen Lehrer dieser Mysterien, welche die Gurus waren ihrer Schüler, sie genossen eine schier übermenschliche Verehrung. Und auf die Schüler solcher Mysterienlehrer hörte dann die weitere Menschheit hin, wenn sie die Bedürfnisse ihrer Frömmigkeit befriedigen wollte. Man nahm dasjenige auf, was in einem hingebungsvollen, verehrungsvollen Leben die Schüler der Mysterienlehrer sich als eine Einsicht in die Welt und ihre Ordnung errungen haben. Und ich möchte, um das zu beleuchten, was auch in der Gegenwart Frömmigkeit sein kann, was in der Gegenwart namentlich ChristusVerehrung sein kann, das Verhältnis eines solchen alten Schülers zu seinem Guru, zu seinem Lehrer in den Mysterien, einmal ein wenig zeichnen.
Da begegnet uns zunächst eines: Diese Lehrer waren von denen, die ihr Wesen zu erkennen glaubten, angesehen als Menschen, deren Inneres erfüllt war von göttlicher Kraft selber. Menschen wurden in diesen Mysterienlehrern gesehen, in denen wenn sie aus der Begeisterung ihrer Mysterienstätten und ihrem Opferkultus heraus sprachen für ihre Schüler nicht der Mensch sprach, sondern durch menschlichen Mund die göttlichen Weltenmächte sprachen.
Das war keine sinnbildliche Vorstellung, sondern das war für jene alten Mysterienschüler eine durchaus reale Empfindung. Und Sie können sich denken, wie tief das Gefühl der Verehrung eines solchen Schülers für seinen Lehrer war, wenn er wußte, daß aus dem Lehrer nicht ein Menschliches, sondern ein Göttliches zu ihm spricht, daß aus dem Lehrer dasjenige zu ihm spricht, was er sein Göttliches nannte. Was uns heute paradox erscheint, was aber besonders charakteristisch ist für die Anschauung, welche die Schüler von den alten Mysterienlehrern hatten, das ist dieses, daß sie der Meinung waren: In noch älteren Zeiten der Menschheitsentwickelung, in jenen Zeiten, in denen die Erdenentwickelung ihren Anfang genommen hat, da seien göttlichgeistige Wesenheiten selber herabgestiegen auf die Erde, in der Art, wie das sein kann, in geistiger Art selbstverständlich. Und diese geistig göttlichen Wesenheiten, die nicht einen menschlichen Leib angenommen haben, die sich aber dennoch durch die Mittel der geistigen Erkenntnis verständigen konnten mit den ersten Gurus, mit den ersten Mysterienlehrern, diese göttlichgeistigen Wesenheiten haben die erste Anweisung gegeben über dasjenige, was den Menschen gelehrt werden sollte als eine Lehre, die sie in den richtigen Zusammenhang bringen konnte mit der geistigen Welt. Und so meinte man, daß von Generation zu Generation das einstmals von den Göttern selbst den Menschen Überlieferte weitergepflegt worden ist und so auf die Schüler eines jeden Zeitalters gekommen ist.
Sie werden sagen: Das führt zu einer Erklärung des Ursprungs der Menschenweisheit in übersinnlichen Welten. Aber wir berühren ja da ein Gebiet, wo selbst heute noch, wenn wir nur zum Beispiel an die Erklärung denken, welche die Menschen über die Sprache haben, die Menschen sich durchaus unklar sind über den Ursprung des betreffenden Gebietes. Gewiß, es gibt Menschen, welche meinen, daß aus dem Tierlaut heraus, im Sinne der Darwinschen Theorie, sich die menschliche Sprache entwickelt habe. Aber es gibt, und hat, namentlich vor noch gar nicht langer Zeit, Menschen gegeben, welche auch der Sprache einen göttlichen Ursprung zugeschrieben haben.
Nun, ich will mich nicht weiter verbreiten über das, was hier wirklich zugrunde liegt, denn das würde heute zu weit führen. Uns mag ja genügen: was die eigentlich frommen Gefühle bei den Guruschülern bildete, war die Meinung, daß das, was sie von den Lehrern hörten, ein mal der Menschheit von den Göttern selber überliefert worden ist.
Und zu welchem Ziele sollte eine solche Schülerschaft führen? Nun, eine solche Schülerschaft bestand ja darinnen, daß zunächst, aus dem unendlich starken Gefühl der Verehrung und Anhänglichkeit zum Guru, der Schüler mit demjenigen, was ihn mit den geistigen Welten verband, ganz hingegeben sein sollte an seinen Lehrer. Er sollte gewissermaßen diesen Lehrer als den einzigen Strom betrachten, durch den das Göttliche zu ihm dringt. Alles, was ein solcher Schüler an sich hatte, was er in seiner Seele entwickelte, von dem sagte er sich: Ich verdanke es dem Lehrer. Und der Lehrer gab ihm vor allen Dingen Anweisungen; erstens über die Führung der Gedanken. Die Gedanken sollten so geführt werden, daß der Mensch denken lernte, indem er nicht hinsah auf die Sinneswelt, sondern indem er das Gemüt durch diejenige Kraft, die der Guru, der Lehrer, wie in einer erlaubten Suggestion in seine Seele selber pflanzte, indem der Schüler all seine Gedanken nach dem Übersinnlichen hinwendete. Während sonst die Gedanken gewissermaßen in der Sinnesbeobachtung anstoßen an die äußeren Dinge wir denken den Tisch, das heißt: unser Gedanke stößt an den Tisch an; wir denken den Baum: der Gedanke wird durch den Baum aufgehalten, er stößt an den Baum an , sollten durch den Einfluß des Guru die Gedanken durchsichtig werden, so daß der Schüler nichts sah, was in der Welt ist, sondern daß er durch die Gedankenschau in jene Welten hineinsah, welche ich gestern Ihnen aus der modernen Initiationswissenschaft heraus beschrieben habe, in die übersinnlichen Welten. Der Schüler sollte diese übersinnlichen Welten auch erleben. Dazu wurden ihm Anweisungen gegeben in bezug auf die Sprache. Wenn wir im gewöhnlichen Leben sprechen, dann teilen wir Gedanken, die wir entweder selbst haben, oder die wir erhalten haben, einem anderen mit. Kurz, dasjenige, was in unsere Sprache einfließt, das lebt auf der physischen Erde. Der Guru gab seinem Schüler mantrische Sprüche, die in einer halb rezitativen, halb gesprochenen Art den Schüler dazu bringen sollten, lebensvoll in seiner Sprache nicht nur dasjenige, was die Worte bedeuten, zu hören, sondern die ihn dazu befähigen sollten, in dem hinströmenden Satze die göttliche Weltenströmung selber zu erleben. Der Satz sollte so ausgesprochen werden, daß sein menschlicher Inhalt bedeutungslos ist, daß aber in dem Satze hin strömt dasjenige, was als Göttliches in der Welt und im Menschen lebt. So sollte der Schüler durch die Gedanken, die ihm durchsichtig wurden, das Göttliche sehen. Er sollte durch die mantrischen Sprüche nicht dasjenige hören, während er sie rezitierte, was in ihrer Bedeutung liegt, sondern die durch sie dahinströmende göttliche Kraft selber sollte durch dasjenige, was im Opfer lag, zu den Handlungen hingeführt werden. Er sollte durch das, was im Opfer lag, seinen Willen nach dem Göttlichen hin richten, seinen Willen und seine ganze menschliche Persönlichkeit. Die Opferhandlungen waren vielfach damit verknüpft. Sie können es heute noch an der BuddhaStellung sehen; Sie können es daran sehen, daß die menschlichen Gliedmaßen nicht in eine solche Lage gebracht wurden, wie sie zu äußeren irdischen Verrichtungen geeignet sind, sondern in solche Lagen, daß sie ungeeignet für irdische Verrichtungen sind, daß der Mensch daher schon durch die Haltung, die Stellung seiner Gliedmaßen, aus dem Irdischen ganz herausgehoben ist, und dadurch auch mit seinen im Geiste sich vollziehenden Handlungen zu dem Göttlichen hingelenkt ist.
Was sollte mit alldem erreicht werden? Nun, das Gemüt, die Seele des Schülers sollte das, was auf der Erde als Böses, als Sündhaftes, als Abfall von dem Göttlichen von den Menschen verrichtet wird, durch diese dreifache Hinlenkung ihrer selbst zu dem Göttlichen hinaufheben, hinaufströmen lassen in diejenigen Welten, welche die übersinnlichen sind und die ich Ihnen gestern beschrieben habe. Ich habe Ihnen gestern beschrieben, daß man auch mit der neueren Initiationswissenschaft eindringen kann in diejenigen Welten, in denen der Mensch als geistigseelisches Wesen lebt, bevor er sein Erdendasein antritt, aus denen er heruntersteigt, um sich mit dem Leib zu verbinden, der ihm durch Vater und Mutter gegeben wird, und in die er wiederum zurück kehrt, wenn er durch die Pforte des Todes gegangen ist, um ein weiteres Erdenleben da vorzubereiten, wie ich es gestern beschrieben habe. Daß nicht nur der betrachtende Blick des Schülers hinaufgelenkt werde in die übersinnlichen Welten, sondern daß in dem Schüler eine Kraft entstehe, eine Kraft des gebetartigen Denkens, eine Kraft des mantrischen Rezitativs, in dem das Göttliche strömte, eine Kraft der Hingebung von 0pferhandlungen, daß in dem Schüler eine große Kraft entstehe, welche dasjenige, was hier auf der Erde sündhaft ist, hinauflenkt in diese übersinnlichen Welten, das war der Zweck dieser göttlichen Lehrer in den alten Mysterien mit ihren Schülern. Und daß diese Schüler wiederum die anderen Menschen lehrten in dem Sinne, in dem sie selber erzogen wurden in diesen Mysterien, das bildete den zivilisatorischen Inhalt jener alten Zeiten.
Was war denn die Vorausseötzung dazu, daß man überhaupt so etwas machte? Nun, die Voraussetzung war diese, daß der Mensch hier auf Erden in einer Welt lebt, die gegenüber der göttlichen eine solche ist, die den Menschen in seiner Wesenheit nicht voll umfaßt. So dachte sich der alte Guruschüler und so lehrte ihn der Guru: Diese Welt, in der du lebst zwischen Geburt und Tod, sie umfaßt zwar die ‘anderen Naturreiche, die mit ihrem Wesen in ihr in einer gewissen Weise aufgehen; aber sie umfaßt nicht die tiefere Wesenheit des Menschen. Und dasjenige, was der Mensch vollziehen kann zwischen Geburt und Tod wir wollen ganz absehen davon, daß es in vieler Beziehung als ganz sündhaft dargestellt wurde in alten Zeiten , wurde jedenfalls so dargestellt, daß der Mensch sich zu sagen hatte: Dasjenige, was ich hier auf der Welt erleben kann zwischen Geburt und Tod, was ich verrichten kann, was ich vollziehen kann an Taten, das reicht nicht heran an mein volles Menschenwesen, denn mein volles Menschenwesen gehört den übersinnlichen Welten an. Und in jenen alten Zeiten hatten alle, die Guruschüler waren, aus einem alten primitiven Hellsehen heraus, das sie sich nicht zu erwerben brauchten, das sie in jene`n alten Zeiten der Menschheit als traumhaftes Hellsehen selber hatten, aus dem heraus hatten sie in gewissen Momenten ihres Lebens eine deutliche Einsicht davon, daß sie tatsächlich, bevor sie zur Erde herunter gestiegen waren, in einer übersinnlichen Welt lebten, daß sie nach dem Tode wiederum in eine übersinnliche Welt eingehen werden. Und so sagten sie sich: Wenn ich als Mensch nur das vollbringe und nur mit dem zusammenhänge, was hier auf der physischen Erde vorhanden ist und möglich ist, bin ich nicht ein ganzer Mensch. Ich muß meine Kräfte hinauflenken in die geistigen Welten. Ja, da auf der Erde sind sie nicht, aber droben. So war ja die Vorstellung jener alten Mysterien, daß aus den Opferhandlungen, die vollbracht wurden in dem Zeichen der hellsichtigen Gedanken, in göttlich tönenden Mantrams der Opferhandlung selber, daß in dieser Strömung dasjenige von dem Irdischen in das Überirdische hinübergeleitet wird, was der Mensch hier auf der Erde in seinen Handlungen nicht in Ordnung bringen kann, was erst in Ordnung gebracht werden kann in übersinnlichen Welten, weil diese übersinnlichen Welten zu dem ganzen Menschen gehören.
Und das sagten und lehrten in einer sehr tatsächlichen Weise die alten Guru ihren Schülern: Wenn der Mensch nun durch die Pforte des Todes tritt, da weiß er, wie das, was er hat auf Erden vollbringen können, nicht genügt für sein volles menschliches Wesen, wie beim Durchgang durch die geistige Welt nach dem Tode ein Ausgleich stattfinden muß, wie dasjenige, was auf Erden schlecht gemacht werden kann, nur unvollkommen gemacht werden kann, unweise gemacht werden kann, wie das seinen Ausgleich finden muß.
Und nun, unter all den Erkenntnissen, die man auf die gestern geschilderte Art über die übersinnlichen Welten gewinnt, ist auch diejenige, daß man erkennt, wie das, was auf der Erde unvollkommen bleibt, in der übersinnlichen Welt in die Vollkommenheit hineingetragen werden kann.
Das war aber anders für jene alten Zeiten der Mysterien und muß, wie wir gleich nachher sehen werden, heute anders werden. In jenen alten Zeiten lernten die Guruschüler von ihren Lehrern: Wenn der Mensch durch die Pforte des Todes in die übersinnliche Welt tritt, dann tritt ihm in einer gewissen Zeit ein hohes geistiges Wesen entgegen; dieses hohe geistige Wesen, das hat seinen äußeren Ausdruck in der Sonne und ihrem Erscheinen. Daher nannten diese alten Mysterienweisen dieses Wesen das hohe, göttliche Sonnenwesen. Und so wie man den Menschen hier auf der Erde ansieht in seiner äußeren Physiognomie und sich sagt, daß in ihm sich die Seele ausdrückt durch die Physiognomie, durch die Mimik, so sahen die alten Menschen hin auf die Bewegungen der Sonne, auf die Erscheinungen auf der Sonne. Und sie sahen darinnen den physiognomischen Ausdruck, den äußeren Abglanz in bezug auf die Mimik in der Bewegung der Sonne; in dem Walten der Sonne sahen sie die Geste für das hohe Sornenwesen, dessen sie hier auf der Erde nicht ansichtig werden können, das ihnen aber begegnet, wenn sie durch die Todespforte gegangen sind, und das hilft, das auf der Erde nur unvollkommen Errungene da vollkommen zu machen: Bauet in Herzensfrömmigkeit auf das hohe Sonnenwesen, damit ihr es findet, damit nach eurem Tode euer Unvollkoinmenes durch dieses Wesen, das ihr in geistigen Welten antreffen werdet, das ihr auf der Erde hier nicht treffen könnet, damit dieses Wesen euch hilft, in der rechten Weise durch die geistige Welt durch zugehen! Nun, von diesem We~en, das also alles Unvollkommene von den Menschen ins Gleichgewicht bringt, von diesem Wesen redeten so, wie ich es angedeutet habe, die alten Guru, die alten Lehrer.
Und als das Mysterium von Golgatha herankam, war allerdings die alte Mysterienweisheit schon im Verfallen. Es war wenig mehr von ihr vorhanden; aber es waren Traditionen vorhanden, es waren Reste vorhanden. Es waren Eingeweihte in dem alten Sinne vorhanden, die noch mit derselben Hingebung, mit derselben Frömmigkeit, mit derselben Gläubigkeit festhielten an dem göttlichen Vater, der einstmals als Vatergott die göttlichen Sendboten auf die Erde geschickt hat, von denen die ersten Guru gelernt hatten. Und sie wußten, daß der große Trost des Lebens in alten Zeiten den Mysterienschülern gegeben worden ist dadurch, daß ihnen gesagt wurde: Nach dem Tode findet ihr das hohe Sonnenwesen, das alles Unvollkommene auf der Erde euch in das Vollkommene umzusetzen hilft, das hinwegnimmt von euch das drückende Bewußtsein, daß ihr eigentlich Abgefallene der göttlichgeistigen Weltenordnung seid. Dieses hohe Sonnenwesen aber,` das mußte heruntersteigen auf die Erde, mußte in dem Menschen Jesus von Nazareth Menschheit annehmen und ist, seitdem der Tod des Jesus Christus auf Golgatha erfolgt ist, nicht mehr zu suchen in den übersinnlichen Welten, sondern ist zu suchen unter den Menschen.
So haben die Eingeweihten, die Initiierten, zur Zeit des Mysteriums von Golgatha und auch noch bis in das 3. Jahrhundert hinein gesprochen. So daß diese Eingeweihten denen, die auf sie hören wollten, sagen konnten: Was ihr als eigentliches heilendes Wesen ersehnt, das hatte die Menschheit der alten Zeiten. Das ist durch eine Gottestat heruntergestiegen auf die Erde, ist in einem Menschen erschienen und lebt seither in übersinnlicher Art innerhalb der Menschheitsentwickelung. Und während die alten Schüler in die Mysterien hineingehen mußten und hinaufblicken mußten auf ihre Opferweihehandlungen, auf dasjenige, was der Kultus in ihnen anregte in übersinnlichen Welten, müssen die Menschen der neueren Zeit lernen, auf Erden selbst ein unmittelbares Verhältnis zu dem ChristusWesen zu gewinnen, das heruntergestiegen ist und Mensch geworden ist wie andere Menschen.
Das war die Stimmung, welche von den Zeitgenossen des Mysteriums von Golgatha und noch von vielen Eingeweihten der ersten drei christlichen Jahrhunderte verbreitet worden ist, wovon allerdings die historischen Schriften wenig verkünden, weil man alles dasjenige, worinnen die Verkündigung gelegen hat, eigentlich ausgerottet hat. Aber durch diejenige Einsicht in die Weltenordnung, von der ich gestern gesprochen habe, kommt man darauf, daß solche Stimmung als die Christenstimmung der ersten drei Jahrhunderte unter denjenigen verbreitet war, die auf die damals noch vorhandenen Eingeweihten hören wollten, bis dann diese ChristusStimmung verlorengegangen ist und heute wiederum erneuert werden muß. Davon will ich dann, nachdem dieses übersetzt ist, im zweiten Teil meiner Darstellungen reden.
So hatten die Menschen an dem Verhältnisse, das der Schüler zu seinem Lehrer entwickelte, aus diesem verehrenden, hingebungsvollen Verhältnisse allmählich gelernt, hinaufzuschauen zu dem Göttlichen. Und in dem Lehrer selbst, in dem Guru wurde gesehen der Vermittler des Göttlichen, der gewissermaßen das Göttliche auf die Erde herunterströmen ließ, und hinwiederum die Frömmigkeit, die der Mensch hinaufschicken wollte in die geistige Welt, hinaufleitete. So war eine Summe von Gefühlen und Empfindungen da, welche durch Vererbung von Generation zu Generation in das menschliche Gemüt, in die menschliche Seele eingezogen ist. Und von denen, welche die ersten christlichen Lehrer geworden sind von deren Innigkeit, von deren Verehrungsmöglichkeit heute nur wenige noch eine Ahnung haben , von jenen ersten christlichen Lehrern ist diese Verehrung bei solchen, die auf sie hören wollten, nun hingelenkt worden, nicht zu Gurus im alten Sinne, sondern zu dem Christus, der aus den geistigen Welten heruntergestiegen ist und in dem Menschen Jesus von Nazareth eben Menschheit, Leib angenommen hatte. Diese Summe von Gefühlen pflanzte sich nun zunächst fort, pflanzte sich durch Jahrhunderte fort und wurde hingeschickt zu demjenigen, von dem die äußere christliche Geschichte verkündete, daß er durch das Mysterium von Golgatha, daß er durch den Tod für die Menschen hindurchgegangen sei, damit die Menschheit ihn fortan auf Erden finden könnte.
Die neuere Initiationswissenschaft, von der ich Ihnen gestern hier gesprochen habe, sie dringt nun wiederum an dieses Christus Mysterium heran, sie versucht wiederum nahezukommen dem Geheimnis von Golgatha. Warum ist das notwendig?
Allerdings, während durch das christliche Mittelalter ein Zug von Frömmigkeit und Religiosität ging, der wie die Fortsetzung war jenes Verehrungsstromes, den die Schüler der alten Gurus für diese Lehrer hatten, verglomm, dämmerte ab in der Menschheit immer mehr und mehr, was wie ein altes traumhaftes Hellsehen in alten Zeiten der Menschheitsentwickelung vorhanden war. Was da vorhanden war, das können wir durch anthroposophische Geisteswissenschaft durchaus auch außerhalb der historischen Dokumente feststellen: In jenen alten Zeiten hatten die Menschen die Möglichkeit, sich zu gewissen Zeiten in eine Art traumhaftes Hellsehen zu versetzen. Dadurch nahmen sie die Welt wahr, aus der sie selber heruntergestiegen waren zu ihrem irdischen Dasein. Aber dieses Wissen von dem Ewigen in der Menschenseele, das war allmählich der Menschheit verlorengegangen. Unter dem Einflusse dieses Wissens hätten nämlich die Menschen niemals sich das Gefühl der menschlichen Freiheit erringen können. Und dieses Gefühl der menschlichen Freiheit, das zur völligen Menschlichkeit gehört, sollte einmal einziehen in den Menschen. Und die Zeit, in der dieses Gefühl der menschlichen Freiheit eingezogen ist, war die des Mittelalters; sie war aber auch diejenige, wo jenes alte Bewußtsein hinabdämmerte, das nimmermehr hätte ein freies sein können. Denn wenn der Mensch hinschaute auf das, was der Mensch war als seelisches Wesen unter geistigen Wesen im vorirdischen Dasein, so fühlte er sich abhängig, fühlte sich nicht frei. Man möchte sagen, es kam eine Zeit der Abdämmerung des alten Hellsehens, und im Dämmerzustande gegenüber der geistigen Welt entwickelte die Menschheit ihr Freiheits gefühl, das bis zu einem gewissen Kulminationspunkt gekommen ist in unserer modernen Zivilisation. Dadurch aber konnte ja die Menschheit nicht hineinschauen in jene übersinnlichen Welten, aus denen der Christus in den Jesus von Nazareth herabgestiegen ist. Und so wurde die Verehrung des Christentums zunächst eine traditionelle. Man verließ sich auf das, was historisch überliefert war, und man appellierte an dasjenige, was vererbt war an alter Guruverehrung. So konnte man zu dem göttlichen Wesen, welches durch das Mysterium von Golgatha gegangen war, alle menschliche Verehrung hinleiten, die der Mensch sich erworben hatte mit Bezug auf sein Verhältnis zu dem Göttlichen; aber indem der Mensch immer mehr und mehr in diesem Dämmerzustande des Bewußtseins ein Naturwissen ausbildete, wie es die alten Zeiten niemals gehabt haben, kam man immer mehr und mehr ab auch nur von der Ahnung, daß eine geistige Welt durch Menschenerkenntnis zu erringen ist.
Diejenige geistige Erkenntnis aber, von der ich Ihnen gestern gesprochen habe, sie ist eine wirkliche Fortsetzung der Naturerkenntnis. Und alles, was ich Ihnen gestern erzählt habe, was so an den Menschen herantritt, daß er durch Meditation, Konzentration hinaufgelangen kann mit seiner Erkenntnis in die geistige Welt, das entwickelt sich besonders stark, wenn man als moderner Mensch nicht haften bleibt an dem, was die Naturwissenschaft über die äußere Welt zu sagen hat, sondern wenn man Innerlich ringt mit dem, was sie einem sagt, wenn man aufnimmt die Gedanken als durchaus exakt wissenschaftliche, dann aber sie mit seiner Innersten Menschlichkeit vereinigen möchte. Dann tritt etwas auf, was zunächst unbestimmt ist: eine gewisse Stimmung, eine Verfassung der Seele. Nimmt man in diese herein das Meditieren, das Konzentrieren in der Gedankenwelt und in der Willenswelt, so wird die Seele hinaufgeleitet, so wie ich es gestern beschrieben habe, in die geistigen, in die übersinnlichen Welten. Und man erwirbt sich dadurch die Möglichkeit, zu verstehen, was das Übersinnliche ist. Man lernt von der Erde, über die einen die Naturwissen schaft so unterrichtet, hinwegschauen in eine übersinnliche Welt, die zur Erde hinzugehört, die insbesondere dann zur Erde hinzugerechnet werden muß, wenn man auf der Erde den Menschen verstehen will.
Und da entstehen dann im tiefsten Inneren des anthroposophischen Kämpfers Fragen von weittragendster Bedeutung. Und wenn er Antwort sucht auf diese Fragen, dann führen ihn die Antworten wiederum hin zum Verständnisse auch des Mysteriums von Golgatha.
Man hat auf der einen Seite gelernt, das Geistige zu schauen, nachdem man sein Bewußtsein hinweggehoben hat von der Erde, nach dem man es erreicht hat, außerhalb des menschlichen Leibes wahrzunehmen, und sogar, wie ich gestern geschildert habe, zu handeln in ideeller Magie. Kurz, man hat gelernt in diesem leibfreien Zustande mit der Erkenntnis und mit dem Willen hineinzugehen in eine geistige Welt.
Wenn man dann, ausgerüstet mit diesem inneren Verständnisse der geistigen Welt, wiederum hinschaut zu dem Christus, zu demjenigen, was einem als das Mysterium von Golgatha unter den Erdenereignissen erscheint, dann bleibt man nicht stehen, wie so mancher moderne Theologe, bei dem Menschen Jesus von Nazareth. Denn man versteht nicht bloß im materialistischen Sinne dasjenige, was mit dem Mysterium von Golgatha geschehen ist, man versteht es so, daß man den Menschen Jesus von Nazareth mit dem göttlichen Christus durchdrungen erschaut, weil man sich angeeignet hat die Fähigkeit für das Geistige. Mit der Fähigkeit, das Geistige zu erkennen, gelangt man auch dazu, dieses GeistigGöttliche in dem Christus wiederum zu schauen. So gelangt gerade diese jetzt moderne Theosophie, weil sie das GöttlichGeistige wiederum in unmittelbarer Erkenntnis erlangt, dazu, durch die Erkenntnis dieses Geistigen gerüstet, hinschauen~zu können auf den Jesus von Nazareth und in ihm wiederum den Christus, der nur als geistiges Wesen erkannt werden kann, zu erkennen. Mit der Erkenntnis, die man sich für Überirdisches erwirbt, gelangt man an den Christus heran, um in dem Christus selbst das Überirdische, das Göttliche in dem Gott menschen zu schauen.
Die moderne Anthroposophie führt gerade durch volle Erfassung der geistigen Welt wiederum zu dem Christus hin. Und sie führt gerade dann zu ihm, wenn man sich in dieser Weise vorbereitet hat durch Anthroposophie. Um das völlig verständlich zu machen, möchte ich hinweisen, wie der moderne Mensch irrtümlich und richtig sich der geistigen Welt nahen kann. Sehen Sie, man möchte sagen, die heutigen Nachfolger derjenigen, welche einstmals unter dem Einflusse der Mysterien gestanden haben und in dem herabgedämmerten Bewußtsein der Menschheit, das aber hineinschauen konnte in gewisse Zustände des vorirdischen Daseins und in diesem herabgeminderten Bewußtsein in der Opferhandlung das Geistige hinaufströmen lassen wollte zum Göttlichen, die Nachfolger dieser alten Frommen sind heute Leute, die auf eine durchaus fragwürdige Weise mit der geistigen Welt in Beziehung treten wollen. Damals blieb bei den Frommen das äußere Seelenleben stehen im Seelischen, sie lenkten ihren seelischen Sinn hin in die über irdischen Welten. Diese fromme Stimmung hat sich als die christliche Stimmung bei jenen Frommen fortgepflanzt, von denen ich im An fange meines heutigen Vortrags gesprochen habe und die bei dieser naiven Frömmigkeit stehenbleiben wollen. Naiv ist sie heute deshalb, weil der Mensch nicht mehr hineinschaut in das übersinnliche Dasein durch sein natürliches Bewußtsein, und weil der Mensch durch diese naive Frommheit nicht hinaufgeleitet wird wie die alten Guruschüler in die übersinnlichen Welten, sondern hier auf der Erde verbleibt in seinem physischen Leibe. Das ist ja das Charakteristische dieser naiven Frömmigkeit, daß sie bei den Gefühlen, bei den Empfindungen bleibt, bei der Empfindung, die die Seele hat, wenn sie sich in sich selber, in die eigene Menschlichkeit versenkt. Wenn sich der Mensch in die eigene Menschlichkeit versenkt, dann kommt er allerdings dazu, zu wissen, daß in dem, was da unten im physischen Leibe ist, nicht bloß Fleisch und Blut ist, daß da allerdings Geistiges ist. Dieses Geistige, das der Fromme hinlenken will zu dem Göttlichen, will derjenige, der heute, ich möchte sagen, der unrichtige Nachfolger der alten Guruschüler ist, als mediale Persönlichkeit in Handlung umsetzen.
‘Was ist denn eine mediale Persönlichkeit? Eine mediale Persönlichkeit ist eine solche, welche das Geistige aus dem physischen Leibe sprechen, aus dem physischen Leibe schreiben läßt, oder auch auf eine andere Weise noch sich kundgeben läßt. Daß die Medien sich äußern, Indem ihr Bewußtsein, aus dem sonst das Schreiben und Sprechen kommt, herabgedämmert ist, wie einst bei den Guruschülern der alten Zeiten, das beweist, daß der menschliche Leib nicht bloß der physische Ist, daß aus ihm spricht ein Geistiges, aber ein mechanisches Geistiges, ein Geistiges untergeordneter Art. Diese medialen Persönlichkeiten, sie wollen das Geistige unmittelbar in ihrem Leib nicht nur erleben, sie wollen es auch offenbaren bei sich. Und es spricht tatsächlich ein Geistiges, das im Leibe wohnt, wenn das Medium spricht oder schreibt. Was ist die Eigentümlichkeit solcher medialer Persönlichkeiten mit ihrer Offenbarung in bezug auf das Göttliche? Die Eigentümlichkeit ist diese Sie wissen es vielleicht : sie werden redselig, sie werden schreibselig, sie schreiben gern, sie reden gern, aber sie mischen Unzähliges, das der gewöhnlichen Logik als fragwürdig erscheinen muß, hinein in das, was durch ihren Körper der Geist kundgibt. Diese medialen Persönlichkeiten sind gerade der Beweis, daß wir nicht auf die alte Art zurückgreifen dürfen zu der Verbindung mit dem GöttlichGeistigen, daß wir eine andere Art suchen müssen.
Diese andere Art nun sucht die anthroposophische Geisteswissenschaft. Und vielleicht darf ich über diese andere Art gerade aus einem bestimmten Grunde heraus sprechen. Diese andere Art, sich der geistigen Welt zu nähern wenn man in ganz sichtbarer Weise die naturwissenschaftlichen Ergebnisse ernst nimmt, wenn man sie hinnimmt als die großen Errungenschaften der neueren Zivilisation , diese andere Weise, die kommt zunächst, indem sie sich den geistigen Welten nähern will, nur außerordentlich schwer dazu, ich möchte sagen, die Sprachorgane zu bewegen, ja auch nur die Gedanken zu hegen, oder gar in medialer Weise zu der Schrift zu greifen. Wenn man erfaßt wird durch die Meditation, durch die Konzentration von jenem Geiste in sich, von dem ich gestern gesprochen habe, ja, dann möchte man am liebsten zunächst stumm werden! Während die mediale Persönlichkeit redselig wird und das Geistige aus sich heraus durch die Sprachorganisation ertönen läßt,möchte man, wenn man als gewissenhafter, naturwissenschaftlich gebildeter Mensch für die übersinnliche Erkenntnis von dem Geiste ergriffen wird, wie ich es gestern geschildert habe, am liebsten zunächst stumm werden, nicht sprechen von jenem zarten Erlebnis, das sich in der Seele kundgibt. ja man möchte sich sogar die Gedanken verbieten, weil man das Denken gelernt hat an den physischirdischen Dingen. Man möchte die Gedanken nicht laufen lassen, nicht strömen lassen in seiner Seele, weil man eine gewisse innere Ängstlichkeit hat, den Gedanken, den man an den äußeren physischsinnlichen Dingen heran zog, halb unbewußt auf das Geistige hinzuwenden, in das man durch jene innere Verfassung gelangt, von der ich gesprochen habe, weil man glaubt, daß dieses Geistige, indem man den Gedanken auf es anwendet, einem nicht nur entschlüpft, sondern daß man es profaniert, daß man es entstellt. Am allerwenigsten möchte man zum Schreiben übergehen,denn man weiß, daß in jenen alten Zeiten, in denen die Gottesverehrung in eine Tätigkeit übergeführt worden ist durch Opferhandlungen, durch die Einschaltung des menschlichen Leibes, nicht zum Schreiben gegriffen worden ist. Das Schreiben ist etwas, was erst mit dem auf die sinnlichphysische Natur gerichteten Intellekt und Verstand in die Menschheit eingezogen ist; das Schreiben findet man, indem man er griffen wird von der Erkenntnis des GöttlichGeistigen, zunächst als etwas, was man weit von sich wegschieben möchte. Und so wird man, in dem man ergriffen wird von dieser Erkenntnisfähigkeit für das GöttlichGeistige, für die übersinnliche Welt, zunächst erst innerlich stumm in bezug auf seine Gedanken; man wird stumm erst recht in bezug auf seine Sprache und in bezug auf dasjenige, was man irgendwie niederschreiben wollte über das Göttliche.
Ich sagte, daß ich gerade über diese Erfahrungen sprechen darf, denn diese Erfahrungen sind meine eigenen. Es sind solche, die ich wohl kennenlernte in derjenigen Entwickelung, die ich selber aus der Naturwissenschaft heraus durchgemacht habe, hin zum Begreifen der geistigen Welten, zum Erschauen der geistigen Welten, und hin zu dem Erschauen des Mysteriums von Golgatha durch diese geistigen Welten. Aber Sie werden auch verstehen, daß derjenige, der nun mit dieser modernen, anthroposophischen Geisteswissenschaft an das Mysterium von Golgatha herantritt, Schwierigkeiten hat. Das Mysterium von Golgatha muß erfaßt werden in seiner ganzen Majestät und Größe, wie es sich in der Geschichte der Menschheit offenbart. Man muß hin schauen lernen auf das historische Faktum, wie der Gott durch den Menschen Jesus von Nazareth durch den Tod gegangen ist auf Golgatha. Man muß in einem vollständig sinnenfreien Bilde anschauen das größte historische Ereignis. Aber eben gerade zu diesem sinnenfreien Erfassen desselben in Gedanken, zu dem Darstellen durch das Wort, zu dem Darstellen vielleicht gar durch die Schrift, ringt man sich in der Weise, wie ich es dargetan habe, außerordentlich schwer durch.
Was man sich aber aneignet auf diesem Wege, das ist: innerliche Ehrfurcht, innerliche Scheu vor dem großen Mysterium, das sich auf Golgatha abgespielt hat. Es gießt sich etwas aus über die Seele dessen, der in der Weise, wie ich es Ihnen geschildert habe, in seinen Gedanken und in seinen Worten stumm geworden ist, der nicht sich regen möchte, wenn das GöttlichGeistige in ihm ihn hinzieht zu dem MysterIum von Golgatha. Es gießt sich aus über die Seele eines solchen das tiefste, ehrfurchtsvolle Fühlen: man möchte sich ihm nicht nahen. Und so wird aus dem, was der anthroposophische Weg ist, nicht nur etwas,was Erkenntnis ist. Erkenntnis ist es zuerst. Erkenntnis ist es im Hinaufschauen in die übersinnlichen Welten, aber es ergießt sich in das FüMen, es wird sche`ue Ehrfurcht. Es wird etwas, was viel tiefer die menschliche Seele ergreift, als nur irgend dasjenige, was die Menschen jemals ergriffen hat, was der Schüler für seinen alten Guru fühlte. Und es bildet sich dieses Fühlen zuerst heraus als ein tiefstes Bedürfnis, zu erfassen den Christus Jesus auf Golgatha. Ganz wandelt sich durch eine innerliche Seelenmetamorphose dasjenige um, was zuerst übersinnliches Schauen ist, in das Fühlen. Und dieses Fühlen sucht den Gottmenschen auf Golgatha. Und es kann ihn finden, weil es gelernt hat das Geistige zu schauen. Es spricht nicht von dem Menschen Jesus von Nazareth, sondern es lernt erkennen diesen Menschen Jesus von Nazareth, aber es lernt auch erkennen, daß in ihm innerhalb des Erdenlebens der Christus als geistiggöttliche Wesenheit wirklich zu schauen ist. So strömt aus anthroposophischer Geisteswissenschaft Erkenntnis des geistigen Christus, so strömt aber auch dem Göttlichen gegenüber jene wahre Verehrung aus, durch das, was in der Erkenntnis des Über sinnlichen leben kann.
Wie das dann zur Befruchtung des Christentums führen kann, das lassen Sie mich noch in dem kurzen dritten Teil darlegen, nachdem der zweite Teil übersetzt ist.
Gerade derjenige, welcher in der geschilderten Weise zunächst, wenn die übersinnliche Erkenntniskraft ihn ergreift, in Gedanken und Worten stumm werden möchte, der sich seines Organismus nicht bedienen möchte, um das zu äußern, was in ihm lebt, gerade der erlebt beim Übergange indem er sich entschließt, über dasjenige, was in seinem Inneren lebt, auch äußerlich zu reden etwas, das ihn berechtigt, von der Geistnatur des Christus Jesus zu sprechen. Was man bei diesem Übergange erlebt, wenn man sich zu dem Entschluß aufrafft: du denkst nun doch in Gedanken das Geistige, du sprichst über das Geistige, du schreibst über das Geistige, was man da erlebt, das ist: daß man für alles Sprechen und Denken dieses Geistigen sich aus dem physischen Leibe herausgehoben fühlt. Dann kann man eben nicht denken, nicht sprechen, denn zum Denken gehört der physische Leib, zum Sprechen gehört der physische Leib; man fühlt sich aber in einer gewissen Weise seinem physischen Leibe entfremdet. Während die mediale Person sich ganz drinnen fühlt im physischen Leibe, das Bewußtsein sogar abtötet, um ganz im physischen Leibe nur zu leben und das Geistige sprechen zu lassen, hebt sich durch ein verfeinertes Bewußtsein, ein erhöhtes Bewußtsein derjenige, den ich jeut meine als den übersinnlichen Erkenner, aus seinem physischen Leibe heraus. Die physische Welt wird durch all dasjenige, was er als geistige Welt erlebte, für ihn so, daß er sie außerordentlich schwer ergreifen kann: er findet nicht seine Sprache, nicht die naive Tätigkeit seines Denkens, er findet nicht seine Arme, er findet den ganzen physischen Leib nicht. Man muß das Erlebnis durchmachen, erst wiederum diese physische Welt, erst wiederum die Gedanken und die Sprache zu finden für das, was man in der übersinnlichen Welt erlebt. Das aber ist etwas, das einen in die Lage bringt, wie wenn man sich das Leben neuerdings, ein zweites Mal, er
obern müßte, wie wenn man durch eine selbstgeschaffene Geburt durch schreiten müßte. Das aber lehrt einen auch kennen die Tiefen des Menschenwesens. Denn indem man dieses Menschenwesen zum zweiten Mal erfaßt, um es zum Instrument des Denkens und Aussprechens des Geistigen, des Übersinnlichen zu machen, lernt man es kennen. Und man lernt es jetzt so kennen, daß man in derselben Art übersinnlich, wie die übersinnliche Erkenntnis ist, von der ich gestern und heute gesprochen habe, nun weiß: dringt man durch übersinnliche Erkenntnis in seinen Organismus ein, so findet man auch da den Christus, indem dieser durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist. Und man hat jetzt erfaßt nicht nur den einmal auf die Erde herabgestiegenen, durch den Tod durchgegangenen Christus, man hat den Christus erlebt, der deshalb durch den Tod gegangen ist, um fortan in die Menschheit, die ganze Menschheit sich auszugießen, so daß der Mensch ihn finden kann, wenn er tief genug in sich hinuntersteigt. Das erlebt der in der übersinnlichen Erkenntnis seinen Leib noch einmal und jetzt fester Erfassende. Und was er so sich an ChristusErkenntnis erwirbt, das kann er dann allerdings in jene Worte kleiden, welche in sich enthalten eine wahre Botschaft von dem Christus. Denn er weiß es: der Christus ist auf Golgatha gestorben, der Christus hat sich durch den Tod ausgegossen in die Geburtskräfte des Menschen, er lebt seither in den menschlichen Wesen. Die können ihn finden, wenn sie tief genug in sich hineingehen. Der also modern Initiierte weiß, daß das Pauluswort eine tiefe Wahrheit hat: «Nicht ich, sondern der Christus in mir.» Den Christus in mir finde ich, wenn ich tief genug in meine Menschheit hineinsteige.
Dann aber braucht der Eingeweihte nicht etwa lauter Eingeweihte zu machen, um Christen zu machen, sondern dann findet er die Möglichkeit, mit dieser ChristusErkenntnis ausgerüstet, die neuen Wege auch für die primitive, einfache Frömmigkeit zu finden. Diese einfache, primitive Frömmigkeit kann den Christus finden. Die W`ege der heutigen Frömmigkeit, sie müssen allerdings etwas anders sein, wie die Wege der alten, zu den Füßen des Guru geoffenbarten Frömmigkeit. Diese muß eine innerliche sein, denn nicht mehr soll der Mensch den Strom seines Empfindens für das Göttliche hinaufsenden in eine übersinnliche Welt, er soll in sich hineindringen, um den Christus,der seit dem Mysterium von Golgatha lebendig auf der Erde lebt, in sich zu finden. Und wenn der einfache Fromme sich heraufrankt dadurch, daß ihm gesagt werden kann aus anthroposophischer Geisteswissenschaft heraus: Es ist keine Illusion, daß du, wenn du tief genug in dich hineindringst, den Christus findest, der ist keine Illusion, der ist in deinen Tiefen, weil er in deine eigenen Tiefen heruntergestiegen ist durch den Tod auf Golgatha , dann weiß der anthroposophische Geisteswissenschafter, wenn er also zu dem einfachen Frommen spricht, daß er eben eine Wahrheit sagt, daß er ihm nicht nur etwas sagt zum Ausbil den der Gefühle, sondern daß er ihm ein Ziel zeigen kann, das auch der einfache Fromme finden kann. Und so können die modernen Wege von dem einfachen Frommen gegangen werden. Während es sich früher darum handelte, daß an der Guruverehrung und Guruachtung sich entwickelten die durchsichtigen Gedan~en, das göttliche Tönen des Mantram, sich die Opfergeste entwickelte, so soll derjenige, der im modernen Sinne seinen Weg zu Christus finden will, vor allen Dingen Verinnerlichung der Seele finden. Er soll lernen können, in sein Inneres hineinschauen, um auch dann noch in seinem inneren Gefühl, in seinem inneren Erleben etwas zu haben, wenn er die Blicke abwendet von der äußeren Welt. Und er soll da finden können diejenige Kraft, die ihn durch die Pforte des Todes führt, indem er hier auf Erden mit ihr bekannt wird in der Hingebung an den Christus und das Mysterium von Golgatha.
Der alte Guru hatte seinen Schülern und der ganzen Menschheit gesagt: Wenn ihr durch die Pforte des Todes schreitet, werdet ihr finden das hohe Sonnenwesen, das ausgleicht die Unvollkommenheiten der Erde. Der moderne Lehrer sagt: Wenn ihr hier auf Erden das Verhältnis gewinnt zu dem herabgestiegenen Christus, wenn ihr mit aller inneren Verehrung, inneren Anbetung, mit verinnerlichtem Seelenleben euer Verhältnis findet hier auf Erden zu dem Christus und zu dem Mysterium von Golgatha, dann erströmt in eurem Inneren eine Kraft, die nicht mit euch stirbt, die ihr durch die Pforte des Todes traget und die mit euch dasjenige vollführen wird, das ihr hier auf Erden, solange ihr den physischen Leib traget, nicht vollführen könnt.
Was in alten Zeiten mit dem Menschen das hohe Sonnenwesen vollführt hat, das wird mit euch vollführen die ChristusKraft, wenn sie In eurem eigenen Wesen bleibt, das im Tode leibfrei geworden ist. Es wird wirken die ChristusKraft in der Erde in dem, was noch in dem Menschen unvollkommen iSt, und es wird die Möglichkeit gegeben sein, daß die Menschen sich auf der Erde finden in dieser Anerkennung des Christus im sozialen Leben. Denn dasjenige, was also sie durchdringt mit innerer Kraft, als die Kraft, die vom Christus aus strömt, die beleuchtet werden kann durch die anthroposophische Geisteswissenschaftslehre, diese Kraft, sie kann in die Handlungen, in den Willen des Menschen eingreifen, kann Impuls der Willenshandlungen werden und so in das soziale Leben einströmen. In das soziale Leben können einströmen die ChristusKräfte.
Ja, man redet heute viel von sozialen Reformen, redet viel vom sozialen Fortschritt. Wer wird der große Reformator des sozialen Lebens sein, wenn die Handlungen unter den Menschen einmal ausgeführt werden im sozialen Leben im Auftrag des Christus Jesus, so daß die Welt durchchristet werden kann? Wer wird der große, auch soziale Reformator werden, der Friede wird stiften können im sozialen Streit der Erde? Der Christus allein wird es sein können, wenn die Menschen untereinander ein soziales Leben werden haben können, das ihnen in gewissen Momenten des Lebens zu einer Weihehandlung werden wird, wo sie zu dem Christus so aufschauen, daß Sie nicht sagen: Ich , daß sie sagen: Wenn auch nur zwei oder drei, und wenn viele im Namen des Christus vereinigt sind, so ist der Christus mitten unter ihnen. Und die soziale Tätigkeit wird eine Opferweihehandlung, sie setzt das fort, was die alte Kultushandlung war. Der Christus muß, indem er lebendig heute in dem Menschenwesen wirkt, auch selber der große soziale Reformator werden.
In der Durchchristung des sozialen Lebens liegt das zweite. Und nun frage ich Sie: Kann dasjenige, was die Menschen ersehnen, was der einfache Fromme ersehnt, daß er in seiner Seele die ChristusKraft finden kann, daß er, indem er im sozialen Leben unter anderen Menschen handelt, finden kann, er handle im Auftrag des Christus, so daß seine Taten im Auftrage des Christus vollführte Taten sind, kann dieser einfache Fromme die Gewißheit seiner Taten erlangen, wenn der moderne Eingeweihte zu ihm kommt und sagt: So ist es, es ist ausgegangen vom Tode von Golgatha dasjenige, was du finden kannst durch deine naive innerliche Seelenfrömmigkeit, was du finden kannst, wenn du dich besinnst auf dich selber und auf das, was als der Christus in dir lebt. Und es ist dies wirklich aus dem Christus herströmend. Und es ist das, was du im sozialen Leben ausführst mit dem Bewußtsein, es als ChristusImpuls zu tun, es ist in solchem Auftrage ausgeführt, weil Christus unter den Menschen lebt, wenn sie ihn finden. Und sie finden ihn durch sich selber, durch Verinnerlichung im sozialen Leben, so wie sie dann die wahre, hingebungsvolle Liebe finden, welche die Brücke schlägt von Menschenherz zu Menschenherz, welche ein übersinnliches Element in das Fühlen hineinbringt, wie das Licht, das innerlich erleuchtet, ein übersinnliches Element in das Erkennen hinein bringt.
Und so ist es möglich, daß die einfachen Frommen lernen, nicht mehr zu sagen: Unser Weg was wir nur in einfacher Frömmigkeit anstreben wollen wird gestört durch die Erkenntnis, welche angestrebt wird von der anthroposophischen Geisteswissenschaft. Nein! Durch die Fortpflanzung der rein äußerlichen Naturwissenschaft würde diese Frömmigkeit allmählich vollständig hinabdämmern und verfinstert werden. Indem aber die anthroposophische Geisteswissenschaft eine Erkenntnis des Übersinnlichen und dadurch eine wirkliche Erkenntnis der ChristusWesenheit als einer übersinnlichen Wesenheit bringen wird, kann dasjenige ihm werden, was gerade der wahrhaft Fromme ersehnen muß: Gewißheit über das, was in seiner Seele lebt, Gewißheit über das, was in seiner Hand lebt, wenn er sie liebend in die Tätigkeit umsetzt, um eine ChristusHandlung auszuführen, eine Handlung im Sinne des ChristusImpulses. Dasjenige, was gerade der Fromme ersehnt, es wird als eine Erkenntnisgewißheit in die Welt einziehen können durch das, was anthroposophische Geisteswissenschaft sein möchte. Deshalb darf diese sagen: Sie stört nicht den wahrhaft Frommen die Wege, sie führt nicht die Menschen von dem Christus hinweg. Sondern so wie sie sagen darf: Nicht gegen die moderne Wissenschaft in die Geisteswelt hinein, sondern mit derselben und mit Achtung derselben; so darf sie sagen: Nicht ohne den Christus soll die Menschheit hinein in die weitere Zukunft, sondern mit dem Christus, mit dem wirklich erkannten und gefühlten und mit seiner Wesenheit in der Welt wirkend gewollten Christus.